Graz, Hauptplatz. Mit Uhrturm und Erzherzog Johann Brunnen.
Es ist gut, dass Tom nun die Erfahrung der kulturellen Desillusionierung in Schweden macht und einige oberflächlich entstandene, oder durch andere Umstände gebildete Illusionen hinterfragt. Die Masken der schwedischen Kultur fallen immer schneller vor Toms Blick ab. Jeder besitzt seine/ihre eigene kulturelle Brille - in unserem Fall sind wir stark durch unser aufwachsen in Österreich geprägt - mit all unseren gewohnten Normen und Werten. Auch Tom schaute bis jetzt durch seine eigene, gefärbte kulturelle Brille auf die schwedische Kultur. Aber langsam beginnt die Demaskierung, je tiefer er in die schwedischen Welten eintaucht.
Aus seiner jetzigen Position heraus - der normalen Arbeitsbiene in einem funktionierenden Gesellschaftssystem, welche die Erfahrungen seines Studenten-Daseins erweitert - bekommt er ganz eigene Einblicke. Das Land lernt er nicht von außen, sondern von innen kennen. In einem "fremden" Land leben ist gut und schön, aber es kommt immer darauf an von welcher Position aus man es entdeckt. Das ist eine spannende Sache sich darüber Gedanken zu machen mit welchen Voraussetzungen und aus welchem Blickwinkel wir unseren Blick auf ein Land richten. Wie kann man als "Fremder" obwohl wir ja doch nicht so fremd sind, weil europäisch, andere Kulturen im allgemeinen kennen lernen? Ist es möglich als Outsider eine Insider Perspektive zu bekommen? Fehlen denn nicht immer einige Puzzle-Teile zum Gesamtbild?
Ich glaube, ein Land kann man nur über Kontakt und Auseinandersetzung mit seinen Menschen kennen lernen. Denn die machen erst eine Kultur, ein Land aus und dadurch wird es erst zu dem was es ist. Aber die Menschen selbst sind so vielfältig wie die Landschaft eines Landes. Was ein Land angeblich ist und ausmacht, ist genauso wiederum eine Konstruktion in den Köpfen vieler. Und das, was dann rauskommt von den Insidern, wenn sie mit Outsidern sprechen ist auch nur eine Reduktion von komplexen Abläufen, Erfahrungen, Systemen und Geschichten.
Tom steht nun wohl direkt mit Schweden in Verbindung. Als Arbeitsbiene leistet er etwas, zahlt Steuern und erlebt das normalste des normalen überall, aber in einem fremden Land: das Arbeiten. Da eröffnen sich neue Welten und Weiten. Die Dimensionen des ordinären schwedischen Arbeitslebens und das Leben einer gemeinen schwedischen Arbeitsbiene geben den Blick frei auf weitere Details und Unterwelten, die man als Tourist oder Student nie in einem neuen Land erfahren kann. [Reni]

1 Kommentar:
Hallo ihr zwei!
Der Eintrag ist ja sehr spannend, aber ich möchte Beispiele lesen ;) Welche Illusionen lösen sich denn auf, was entsteht stattdessen, welche neuen Bilder, Eindrücke gewinnst Du?
Neugierige Blicke aus Münster,
Anja
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